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Popkultur

Satan, Drogen, Slapstick: Die versteckten Botschaften der Rockmusik

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Foto: Evening Standard/Getty Images

Die geheimnisvolle Geschichte rückwärts aufgezeichneter Botschaften ist fast so alt wie der Rock‘n‘Roll selbst. Von der Verkündung der satanischen Weltherrschaft bis hin zum Loblied auf den Weihnachtsmann ist alles dabei.

von Björn Springorum

Es fing mal wieder alles mit den Beatles an. Als die 1966 ihr Album Revolver aufnahmen, waren sie von zwei Dingen schwer beeindruckt: Marihuana und musique concrète. Ersteres verstärkte vielleicht das Interesse an zweiterem, denn die musique concrète bediente sich verschiedener Tonfragmente und setzte sie sehr experimentell neu zusammen. Auf gewissen Substanzen freilich ein wilder Ritt! Als Lennon nach einer langen und vernebelten Session im Studio nach Hause kam, hörte er sich eine der Aufnahmen des Tages auf einem Tape-Rekorder an, spielte das Stück in seinem Zustand allerdings versehentlich rückwärts ab. Er war vollkommen von den Socken und so hypnotisiert von dem, was er hörte, dass die Beatles beschlossen, dem Ende des Songs Rain eine versteckte Botschaft zu verpassen. „If the rain comes, they run and hide their heads“, hört man da.

Und das war erst der Anfang. Schon bald darauf befürchteten fundamentale Christen*innen und andere besorgte Ordnungshüter*innen gleich mal den Untergang der westlichen Welt, hervorgerufen durch unterschwellige satanische Botschaften, die uns manipulieren und niemanden Geringeren als den Antichrist heraufbeschwören. Schauen wir uns einige davon mal an. Spoiler: Vom Antichristen fehlt bis heute jede Spur.

Led Zeppelin

Es gibt niemanden, der Stairway To Heaven nicht kennt. Weniger bekannt ist vielleicht die Tatsache, dass das Stück die Rückwärtsbotschaft „So here‘s to my sweet Satan“ enthält. Wer daraus eine okkulte Verschwörung stricken will, hat leichtes Spiel: Jimmy Page zog in den Siebzigern in Aleister Crowleys altes Hexenhaus. Und der propagierte für angehende Satanisten*innen schon 1913 die Notwendigkeit des Rückwärtssprechens.

The Beatles

Die Fab Four sind die Erfinder der Rückwärtsbotschaften im Rock‘n‘Roll – und Urheber einiger der gespenstischsten. In Revolution 9, eh schon ein ziemlich aufreibendes Stück Musik, hört man wiederholt die Worte „Turn me on, dead man“. Und das ist nicht alles: Zwischen I‘m So Tired und Blackbird gibt es diese eine Stelle, in der Lennon sagt: „Paul is a dead man. Miss him.“ Gefundenes Fressen für einige Studenten in den USA, die den Mythos kreierten, dass McCartney bereits 1966 bei einem Autounfall ums Leben kam und von einem Doppelgänger ersetzt wurde.

Judas Priest

Ziemlich grausig wird es bei den NWOBHM-Königen Judas Priest. Deren Cover von Better By You, Better Than Me enthält rückwärts abgespielt die zunächst mal nichtssagende Botschaft „Do it“. Der angeblich davon provozierte Selbstmord zweier Teenager im Jahr 1990 brachte die Band sogar vor Gericht, wo die Anklage aber abgeschmettert wurde. Passte aber natürlich prima ins Bild der satanischen Rockmusik, die uns alle verroht und ins Unglück stürzt.

Slayer

Apropos Unglück: Eine Band wie Slayer war den Moralaposteln seit Tag eins ein Dorn im Auge. Visuell und musikalisch eh durch und durch satanisch, wundert es eigentlich, dass selbst sie dem Reiz der versteckten Botschaften verfielen. Ihr bestialisch-meisterhafter Song Hell Awaits enthält die Worte „Join us!“ – aber vielleicht ja auch, um einfach noch ein bisschen mehr Wasser auf die Mühlen der Hetzer zu gießen.

Queen

Der Teufel ist nicht der einzige Stammgast in der Welt der geheimen Rückwärtsbotschaften. In Another One Bites The Dust versteckt Freddie Mercury einen Satz, der sich verdächtig nach „Start to smoke Marijuana“ anhört. Schöne Referenz an Lennon, dessen Rauschmittelkonsum diesen Stein überhaupt erst ins Rollen brachte.

Soundgarden

Herrlich ist auch die Geschichte rund um den Soundgarden-Track 665. Während Chris Cornell hier eindeutig „I love you, Santa baby; Santa is my king“ von sich gibt, hält sich das Gerücht hartnäckig, er wollte als Tribut an Bands wie Led Zep eigentlich Satan preisen, hätte aber den Tontechniker so verärgert, dass der es ihm ziemlich originell heimzahlte.

Pink Floyd

Floyd gehen in Endless Spaces typisch dadaistisch an die noble Kunstform der Rückwärtsbotschaften heran. Fast schon auf einer Metaebene informieren sie die Hörer und Hörerinnen darüber, dass er die geheime Botschaft gefunden hat: „Congratulations. You have just discovered the secret message. Please send your answer to Old Pink, care of the Funny Farm, Chalf…“ Später hieß es aus dem Lager der Band, die ganze Sache sei ein Tribut an Syd Barrett gewesen. Erschließt sich aber wohl auch nur Insidern*innen…

Tool

Und dann sind da noch die ganz schlauen Kerle, die uns mit ihren rückwärts abgespulten Botschaften tatsächlich auf den Pfad der Tugend zurückführen wollen. Obwohl, wir sprechen hier immerhin von Tool, da wird also eher von einer gehörigen Portion Zynismus auszugehen sein, wenn es in Intension (von 10,000 Days) heißt: „Listen to your mother. Your father is right. Work hard. Stay in school. Listen to your mother. Your father is right. Listen to your mother. Your father is right.“ Okay, wenn ihr das sagt, dann machen wir es gerade nicht!

Die Witzbolde

Der Sinn der Rückwärtsbotschaften ist durchaus fragwürdig. Das wollten wohl auch diverse illustre Künstler*innen mit ihren Beiträgen illustrieren: Von Tenacious D hören wir „Eat donkey crap“, von Weird Al Yankovic „Satan eats Cheez Whiz“ (eine beliebte Käsesoße in den USA). Und die dänischen Alternative Rocker Mew gingen sogar so weit, einen ganzen Song hörbar zu machen, wenn man ihre Nummer New Terrain rückwärts abspielt.

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