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Popkultur

Wie „Harvest“ Neil Young einen Welt-Hit und Lynyrd Skynyrd eine Steilvorlage bescherte

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Neil Young
Foto: RB/Redferns/Getty Images

Ein Welt-Hit, eine rührende Geschichte und eine Steilvorlage für Lynyrd Skynyrd: Harvest ist nicht umsonst das berühmteste Album von Folk-Legende Neil Young. Wir haben die Platte unter die Lupe genommen.

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch Harvest von Neil Young anhören:

Den Durchbruch hat Neil Young zu Beginn der Siebziger bereits hinter sich. Mit seinen Kollegen David Crosby, Stephen Stills und Graham Nash konnte er den Folk-Rock auf ein neues Level heben; mit der Band Crazy Horse und seiner zweiten Platte Everybody Knows This Is Nowhere gelang ihm auch als Solokünstler der Durchbruch. Sein drittes Album After The Gold Rush hat sich bereits doppelt so häufig verkauft wie sein Vorgänger, doch Youngs großer Wurf steht erst noch bevor: Im Januar 1971 beginnt er mit der Aufnahme seiner vierten Soloveröffentlichung; am 1. Februar 1972 erscheint Harvest. Bis heute handelt es sich bei dem Album um seinen größten Erfolg. Doch beginnen wir vorne.

Die Aufnahmen beginnen spontan

Nach der Auflösung von Crosby, Stills, Nash & Young im Jahr 1970 möchte Neil Young den Kopf frei bekommen und neue Wege einschlagen. Von Folk-Rock hat er genug, stattdessen will er ein Country-Album aufnehmen. Einige Songs dafür hat er schon fertig und im Live-Repertoire. Als Young im Februar 1971 nach Nashville reist, um in der Johnny Cash Show aufzutreten, trifft er sich dort mit Produzent Elliott Mazer. Mazer möchte Young davon überzeugen, sein nächstes Album mit ihm aufzunehmen. Viel Überzeugungsarbeit muss er allerdings gar nicht leisten: Young fragt nach ein paar Musikern und beginnt noch am gleichen Abend mit den Aufnahmen.

Youngs größter Hit: Heart Of Gold

Bei den Sessions entstehen legendäre Hits, wie zum Beispiel die erste Single Heart Of Gold, eins von Youngs bekanntesten Stücken. „Der Song hat mich in den Mittelpunkt gerückt“, erinnert er sich in den Liner Notes seines Compilation-Albums Decade (1977). „Das war mir zu langweilig, also habe ich die erste Ausfahrt genommen. Das war der unbequemere Weg, aber so habe ich mehr interessante Leute getroffen.“ Bob Dylan sagt 1985 Folgendes über Heart Of Gold: „Das einzige Mal, dass es mich gestört hat, dass jemand so klingt wie ich, war, als ich ’72 in Phoenix, Arizona gelebt habe. Heart Of Gold war damals ein großer Hit. Ich habe es gehasst, wenn der Song im Radio lief. Ich habe Neil Young immer gemocht, aber es hat mich jedes Mal gestört, wenn ich Heart Of Gold gehört habe. Ich glaube, das Lied war lange Zeit auf Platz eins und ich habe gesagt: ‚Scheiße, das bin ich. Wenn es sich so anhört wie ich, sollte das auch ich sein.’” Ob der Song wirklich von Dylan hätte sein können, sei einmal dahingestellt.

Old Man: Ein Song mit rührender Hintergrundgeschichte

Mit Old Man erscheint am 17. April 1972 noch eine weitere Single von Harvest. Im Film Heart Of Gold erzählt Young dazu: „Zu der Zeit, als ich Heart Of Gold geschrieben habe, und auf Tour war, habe ich auch — ich war zum ersten Mal ein reicher Hippie — eine Ranch gekauft, auf der ich heute noch lebe. Dort lebte zu jener Zeit ein altes Ehepaar, das sich um die Ranch kümmerte, ein älterer Herr namens Louis Avila und seine Frau Clara. Es gab dort einen alten blauen Jeep und Louis nahm mich mit auf eine Fahrt in diesem alten blauen Jeep. Er hat mich zum oberen Ende des Geländes gebracht und dort oben gab es einen See, der die Weiden mit Wasser versorgt hat. Louis fragte mich: ‚Sagen Sie, wie kommt ein junger Mann wie Sie zu so viel Geld, dass er ein solches Anwesen kaufen kann?‘ Ich antwortete: ‚Ich hatte einfach Glück, Louis. Richtiges Glück.’ Er sagte: ‚Das ist das Verrückteste, was ich je gehört habe.‘ Danach habe ich diesen Song für ihn geschrieben.“

Alabama inspiriert Lynyrd Skynyrd zu ihrem berühmtesten Song

Auch zu Alabama gibt es eine Geschichte, die allerdings erst im Nachhinein ins Spiel kommt. Die Southern Rocker Lynyrd Skynyrd fühlen sich durch Youngs Kritik an den Südstaaten und der Sklaverei in dem Song nämlich auf den Schlips getreten. „Wir hatten das Gefühl, dass Neil auf alle Enten schießt, um eine oder zwei von ihnen zu töten“, gibt Lynyrd-Skynyrd-Frontmann Ronnie van Zant in einem Interview mit dem Rolling Stone zu Protokoll. Die Reaktion der Gruppe: ihr größter Hit Sweet Home Alabama. Darin geht es nur am Rande um den blauen Himmel des Südstaates; die Heimat von Lynyrd Skynyrd liegt ohnehin einen Staat weiter südlich in Florida. Doch die Gruppe möchte Young zurechtweisen und singt: „Well I heard Mister Young sing about her / Well I heard ol’ Neil put her down / Well I hope Neil Young will remember / A southern man don’t need him around anyhow“. Young nimmt die Kritik wahr und schreibt später in seiner Autobiografie Waging Heavy Peace: „Den Seitenhieb, den Lynyrd Skynyrd mir in ihrem großartigen Song gewidmet haben, habe ich verdient. Ich mag es heute nicht mehr, mir meine Worte anzuhören. Sie sind anklagend und herablassend, nicht durchdacht und leicht misszuverstehen.“

Auch 50 Jahre später zählt Harvest noch immer zu den besten Veröffentlichungen in der Rockgeschichte. Das liegt zum einen an den genannten Songs und der sonstigen Qualität des Albums; zum anderen kam Young mit der Platte auf den Geschmack, was das Genre Country betrifft. Später unternahm er weitere Ausflüge in diese Musikrichtung, zum Beispiel auf Harvest Moon (1992) und Prairie Wind (2005). Doch das sind wieder einmal andere Geschichten.

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