Popkultur
Zeitsprung: Am 5.5.2015 starten AC/DC die Rock Or Bust World Tour.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 5.5.2015.
von Christof Leim
Keine einfachen Zeiten: Das Album mussten AC/DC schon ohne Bandchef Malcolm Young einspielen, dann steht der Drummer mit einem Bein im Knast. Zwischendurch wird Sänger Brian Johnson sogar permanent krankgeschrieben, Axl Rose übernimmt. Und trotz allem wird die Rock Or Bust World Tour ein Triumphzug. Am 5. Mai 2015 ging es los.
Hier gibt’s das Album dazu:
Die ganze Sache fühlt sich anders an: Für die Fans weltweit, vermutlich auch für die Band. Zum ersten Mal spielt Malcolm Young eine AC/DC-Tour von vornherein nicht mit. Der Rhythmusmotor hatte schon 2014 wegen einer Demenzerkrankung nicht mehr an den Aufnahmen für Rock Or Bust teilnehmen können. Die obligatorische Weltumrundung im Viervierteltakt kommt noch weniger in Frage. Zwar musste Malcolm sich schon 1988 auf der Tour zu Blow Up Your Video von seinem Neffen Stevie Young vertreten lassen, um seines eskalierenden Alkoholkonsums Herr zu werden, doch diesmal bleibt die Live-Feuerpause endgültig, nicht vorübergehend. Stevie hatte den Boss schon im Studio zu Rock Or Bust vertreten, jetzt wird er den Platz links vom Schlagzeug übernehmen.
Die Probleme des Phil Rudd
Doch noch ein Schlüsselspieler fehlt, als die Rock Or Bust World Tour am 5. Mai 2015 im niederländischen Arnheim startet: Schlagzeuger Phil Rudd war wegen Morddrohungen und Drogenvergehen in Konflikt mit dem Gesetz geraten. Deshalb spielt für ihn Chris Slade, der 1990 auf The Razors Edge und der folgenden Konzertreise getrommelt hatte. Schon beim auf Auftritt zur Grammy-Verleihung am 8. Februar sowie zwei Vorabshows am 10. und 17. April auf dem kalifornischen Coachella-Festival fehlen Phil und Malcolm.
AC/DC zu Zeiten von „Rock Or Bust“: Cliff, Brian, Stevie, Angus. Phil fehlt schon. – Foto: James Minchin/Promo
Doch die Anhängerschaft hat trotz allem Vertrauen in die australische Boogie-Brigade: In Deutschland stellt die Band einen neuen Rekord auf: In 77 Minuten werden 300.000 Eintrittskarten verkauft. In Zürich dauert es sechs Minuten, bis alle Tickets weg sind. Es geht also gut los. Und AC/DC geben sich keine Blöße: Zwar stehen zwei Ersatzspieler auf dem Platz, wenn man so will, aber Chris Slade weiß, wie man bei AC/DC trommelt, und Stevie Young scheint einige Gene mit seinem Onkel Malcolm zu teilen: klein gewachsen, Zucken im rechten Bein, blitzsaubere Rhythmusgitarre. Und wenn Angus Young, Brian Johnson und Cliff Williams am Start sind, wie wird es dann wohl klingen? Genau. Nach AC/DC.
Alte Schätzchen auf der Setlist
Natürlich fährt das Quintett eine üppige Produktion auf: Riesiger Bildschirm hinter den Trommeln, eine lange Rampe ins Publikum, Licht, Pyros und die obligatorischen Kanonen. Die Welttour windet sich nach dem Start am 5. Mai 2015 in Arnheim zunächst bis Juli durch die größten Open-Air-Flächen Europas und gastiert alleine zwölfmal in Deutschland. Die Zuschauerzahlen liegen meistens weit jenseits von 50.000. Im August geht es in die Stadien nach Nordamerika, Vorgruppe für beide Tourabschnitte sind Vintage Trouble. Im November setzen AC/DC nach Ozeanien über, beginnend in ihrer ehemaligen Heimat, in Sydney, wo die Band 42 Jahre zuvor ihren ersten Gig gespielt hatte. Zu Weihnachten gibt’s ein paar Wochen Pause, dann geht es zurück in die USA. Die Maschine läuft, aber augenscheinlich mit Vernunft, denn zwischen den Terminen liegen viele „Off Days“ für Erholung.
Zur großen Freude der langjährigen Fans bietet die Setlist ein paar sehr nette Variationen, die in der Vergangenheit – womöglich auch Malcolms Erkrankung geschuldet – nicht möglich waren. Sicher, manche Nummern sind Pflicht, Großkaliber wie Back In Black, Hells Bells, Highway To Hell und wie sie alle heißen. Aber Have A Drink On Me, Hell Ain’t A Bad Place oder Sin City standen zuletzt selten auf der Liste. Vier neue Songs kommen zum Einsatz: Rock Or Bust immer, Play Ball und Baptism By Fire gelegentlich, Got Some Rock’n’Roll Thunder hier und da. Und ja, es gibt sogar ein paar Experimente und Versuche: Laut einer Statistik spielen die Burschen Rock’n’Roll Damnation, If You Want Blood (You Got It) und Live Wire. Jeweils einmal stehen sogar Dog Eat Dog und Problem Child auf dem Plan. Dreimal präsentieren uns AC/DC ein ganz besonderes Schätzchen: Touch Too Much von 1979, quasi noch nie live gespielt. Denn ein Mensch wünscht sich das Stück ganz feste: Axl Rose.
Brian raus, Axl rein
Und das kommt so: Nach dem Gig am 28. Februar 2016 in Kansas City muss Brian Johnson mit sofortiger Wirkung alle Liveaktivitäten stoppen, da ihm von medizinischer Seite völliger Gehörverlust prognostiziert wird. Daran soll allerdings trotz bereits einsetzender Probleme nicht der über drei Dekaden andauernde Dezibelorkan auf der AC/DC-Bühne schuld sein, sondern vor allem ein „Lärmunfall“ bei einem Autorennen, an dem der leidenschaftliche Fahrer Johnson teilgenommen hatte. So oder so: Brian muss nach Hause. Er selbst nennt den 7. März 2016 den „düstersten Tag seines professionellen Lebens“.
Nun wird es spannend: Der Chef von Guns N’ Roses, W. Axl Rose, liebt AC/DC inniglich – und bietet von sich aus seine Hilfe an. Am 19. April 2016 geht die Meldung raus, dass die Band die Tour mit Axl als Gast am Gesang beenden wird. Das ist schon ein dickes Ding: Eine der größten Rock’n’Roll-Combos der Welt und einer der ikonischsten Hard-Rock-Frontmänner machen gemeinsame Sache. Neugierige Anhänger und Anhängerinnen sind gespannt, wie das wohl klingt; viele Fans allerdings echauffieren sich so erwartungsgemäß wie ärgerlich noch vor dem ersten Einsatz. Dass die offiziellen Pressemeldung von AC/DC gegenüber Brian Johnson nach 36 Jahren „Dienst“ doch eher kühl klingen, spielt da sicher mit rein. (Eine Handvoll Interviews mit Cliff, Angus und Axl finden sich hier.)
The show must go on
Am 7. Mai 2016 geht die Rock Or Bust World Tour in Lissabon weiter; Axl muss wegen eines Knochenbruches auf einem Thron sitzen, den er sich von Dave Grohl geliehen hat. Die Meinungen über seine Eignung gehen auseinander, und oft hat das eher mit grundsätzlicher Attitüde als mit Zuhören zu tun. Beim Konzert in Düsseldorf am 15. Juni 2016 jedenfalls zeigt sich, dass Rose den Bon-Scott-Nummern den richtigen Swing gibt und die Brian-Johnson-Stück so hoch krähend singt wie der Erkrankte selber. Kurzum: Der Mann macht das richtig, richtig gut. Zudem hält sich er sich angenehm überraschend zurück und überlässt vor allem Angus das Scheinwerferlicht. Aber das ist mal wieder eine andere Geschichte, die noch an einigen Festivaltresen diskutiert werden wird. Der Vorteil für die Fans: Neue Songs, siehe oben. Wir stellen uns das so vor: Axl wird zum Fanboy, geht Angus während der zweiwöchigen Proben so lange auf die Nerven, bis der zustimmt, Touch Too Much rauszukramen. Hätten wir nicht anders gemacht. Danke, Axl. Können wir davon irgendwann bitte ein Livealbum haben?
Nach 86 Konzerten endet die Sause am 20. September in Philadelphia. Die Bilanz kann sich sehen lassen: Nur eine andere Tour (von One Direction((LINK))) zog 2015 mehr Fans an, nur zwei andere Touren (One Direction und Taylor Swift) spielten mehr Geld ein. Insgesamt können AC/DC für die Weltreise 2015/2016 über 221 Millionen Dollar an Einnahmen verbuchen. Das sind über zweieinhalb Millionen pro Konzert. Wow.
Hoffnungsschimmer
Doch die Zukunft sieht weniger rosig aus: Während Axl zu Guns N’ Roses zurückkehrt, verkündet Cliff Williams seinen Ruhestand, Brian Johnsons Gesundheitszustand bleibt unklar, und Phil Rudd scheint zur Persona Non Grata geworden zu sein. Doch nur wenige Jahre später mehren sich Gerüchte, dass die Mannschaft, die das Album Rock Or Bust eingespielt hatte, also Angus, Brian, Cliff, Phil, Stevie, wieder im Studio arbeitet. Offizielles gibt es dazu wie üblich nicht, aber womöglich – und hoffentlich – bleibt diese Tour nicht die letzte.
Zeitsprung: Am 28.6.2010 spielt Malcolm Young sein letztes Konzert mit AC/DC.

Popkultur
Zeitsprung: Am 26.3.1990 hat Gary Moore immer noch den Blues.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 26.3.1990.
von Christof Leim
Ein Rocker entdeckt den Blues: Den guten Namen hat Gary Moore sich mit knackigem Hard Rock und sogar Jazz Fusion erspielt. Seinen größten Hit landet er jedoch am 26. März 1990 mit Still Got The Blues, einem geschmackvollen Blues-Album. Für die prägnanteste Stelle fängt er sich allerdings eine Plagiatsklage ein…
Hier könnt ihr Gary und seine alte Liebe hören:
Alte Liebe rostet nicht: Auf dem Cover von Still Got The Blues sehen wir einen kleinen Jungen in seinem Zimmer, die viel zu große Les Paul auf den Knien, einen Übungsverstärker vor sich und Jimi Hendrix‘ Konterfei an der Wand. Die Rückseite der Platte zeigt die gleiche Szenerie – nur diesmal mit einem erwachsenen irischen Gitarrenhelden, irgendwo in einem Hotelzimmer, mit einer Dose Bier und einem angebissenen Hamburger vom Zimmerservice. Auf seinem Schoß eine Les Paul, vor ihm der gleiche Marshall-Combo, und auf dem Boden liegt wieder ein Album von John Mayall…
Zurück zu den Ursprüngen
Der Blues ist eben immer noch da für Gary Moore, als er 1990 eine neue Phase seiner Karriere einläutet. Vorher hatte sich der irische Sänger und Gitarrist in härteren Rock-Gefilden herumgetrieben: So spielt er nach Skid Row (der irischen Variante), einigen Soloalben und sogar einem mehrjährigen Jazz-Fusion-Ausflug mit Colosseum II etliche Jahre bei den immergrünen Thin Lizzy, bevor er 1979 endgültig unter eigenem Namen durchstartet. Mit Alben wie Run For Cover (1985), dem keltisch gefärbten Wild Frontier (1987) und After The War (1989) etabliert er sich als Hard-Rock-Flitzefinger, der zeitgemäß schreddern kann und mitunter die Haare so hübsch hochtoupiert trägt wie die sonstigen Helden der Zeit. Immerhin: Moore kriegt in der Regel noch ein kleines bisschen mehr Geschmack in seinen Ton als die meisten anderen.
Mit 38 Jahren besinnt er sich auf seine Wurzeln, den guten alten Blues, die Ursuppe allen Rockens. „Ich liebe den Blues seit den Sechzigern“, erklärt er in einem Radiointerview mit SWR3. „Mit der 13 oder 14 habe ich zum ersten Mal John Mayall & The Blues Breakers gehört, mit Eric Clapton an der Leadgitarre. Schon der erste Song All My Love hat mein Leben auf einen Schlag verändert. Ich habe noch eine Gitarre so klingen hören.“
Rock-Sound im Zwölftakter
Dabei deckt der damals in Großbritannien lebende Ire das ganze Spektrum des Genres ab, von getragen bis flott, aber immer in zeitgemäßer Produktion – und bei Gelegenheit durchaus noch ziemlich rockend. Er selbst gibt dazu gegenüber SWR3 zu Protokoll: „Damals spürte man den Einfluss der letzten zehn Jahre in meinem Gitarrensound und meiner Spielweise.“ Das Ergebnis sind vor allem in den rockigen Songs feurige Gitarreneinsätze, die bei aller Authentizität und Werktreue das entscheidende Quäntchen an zusätzlicher Energie rüberbringen.
Der Höhepunkt der Platte liegt zweifelsohne im Titelstück Still Got The Blues (For You), einem getragenen Schmachtfetzen im 6/8-Takt und einer wundervoll einprägsamen Gitarrenmelodie. Damit erinnert die über sechs Minuten lange Nummer an Parisienne Walkways, der Kollaboration mit Phil Lynott (Thin Lizzy) von 1978, und beschränkt sich nicht auf das grundlegende Zwölf-Takt-Schema des Blues. Das Stück wurde zum Welthit und Moores größtem Erfolg. Auch Jahrzehnte später funktioniert der Song noch hervorragend und läuft regelmäßig im Radio, sogar Eric Clapton höchstselbst hat ihn 2013 auf seinem Album Old Sock als Tribut an den 2011 verstorbenen Moore aufgenommen.
Versehentlich geklaut
Besagte Hookline allerdings erweist sich als Problem: 1974 hatte eine deutsche Progressive-Rock-Band namens Jud‘s Gallery ein Instrumental mit dem Titel Nordrach geschrieben, in dem exakt die Akkordfolge und Anfangsmelodie von Still Got The Blues (For You) zu hören sind. Das Münchner Landgericht gibt deshalb 2008 nach acht Jahren der Auseinandersetzung der Plagiatsklage von Jürgen Winter Recht, dem Chef von Jud‘s Gallery. Das Mysteriöse dabei: Nordrach war bis zum Zeitpunkt der Entstehung von Still Got The Blues nie veröffentlicht worden, sondern wurde nur live gespielt, darunter bei einer Aufzeichnung im SWF-Studio in Baden-Baden im März 1974. Kurz gesagt: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Klampfer aus Irland solch obskure Werke kennt, scheint gering. Das Gericht jedoch geht davon aus, dass Moore den Song im Radio oder auf der Bühne gehört haben könnte. Ein Radiobeitrag von SWR3 berichtet sogar, Moore habe in den Siebzigern in Deutschland gelebt und sei auf Konzerten von Jud‘s Gallery gesehen worden. Ob das stimmt, bleibt juristisch jedoch unerheblich, denn der Plagiatsvorwurf hängt nicht davon ab, ob die Passage tatsächlich bewusst kopiert wurde.
Allerdings erweist sich eben jene Akkordfolge als Standard, der in der Musikgeschichte schon unzählige Male vorgekommen ist (ein so genannter „Quint-Fall“), während die Melodie sich schlicht an Grundtönen orientiert. Sogar im Jazz-Standard Autumn Leaves oder Lionel Richies Hello wäre sie zu finden, schrieb die Süddeutsche seinerzeit. Ob Moore nun absichtlich geklaut hat (unwahrscheinlich), ein phänomenales, wenngleich unterbewusstes Melodiegedächtnis besitzt (denkbar) oder schlicht über die gleichen Akkorde stolperte (vermutlich) – ohne seinen Ton wäre Still Got The Blues (For You) nie so gelungen. Beide Parteien einigen sich schließlich außergerichtlich: Moore zahlt Winter eine nicht veröffentlichte Summe an Schadenersatz und darf dafür weiter die Urheberschaft von Still Got The Blues (For You) für sich beanspruchen.
Neues und Altes in blau
Als Gast beim A.C. Williams-Klassiker Oh Pretty Woman spielt Blues-Legende Albert King mit. Seine coolen, cleanen Licks stehen in einem interessanten Gegensatz zu den sportlichen Hard-Rock-Soli von Gary Moore mit wesentlich mehr Verzerrung und Flitzefingerei. Die beiden Herren haben jedoch Spaß zusammen, wie der Videoclip zu dem als Single ausgekoppelten Song zeigt: Der Ire schmeißt sich in 1a-Gitarrenhelden-Posen, der Amerikaner raucht entspannt Zigarre – und beide lachen.
Bei Too Tired darf die Bläsersektion mit swingenden Einwürfen ran, dazu liefert sich Moore nette Wechselspiele mit einem weiteren Veteran: Albert Collins. Geschrieben hat das Stück einst Johnny Guitar Watson, den genau das Schicksal ereilte, welches Lemmy von Motörhead dieser Tage für sich quasi ankündigt: Er verstarb 1996 auf der Bühne. Aber das ist eine andere Geschichte (die ihr hier lesen könnt).
Beeindruckende Gästeliste
Ein Höhepunkt der Platte findet sich in King Of The Blues, einer klassisch strukturierten Moore-Komposition mit vielen netten Licks des Meisters und herrlichen Bläsern. Erzählt wird die Lebensgeschichte von Albert King, der auch namentlich im Text genannt wird, aber ausgerechnet bei der Nummer nicht mitspielt. Dafür zeigt Thin-Lizzy-Mann Brian Downey, dass er den Swing besitzt, den man für Blues braucht, der aber auch jede gute Hard-Rock-Band besser macht.
Sogar ein echter Beatle mischt mit: That Kind Of Woman stammt aus der Feder von George Harrison, der zu diesem netten Nümmerchen Slide- und Rhythmusgitarren beisteuert. Mit dem Urheber von Stop Messin‘ Around schließlich verbindet Gary Moore eine Menge: Peter Green von Fleetwood Mac nahm dereinst in Dublin den jungen Hoffnungsträger ein wenig unter seine Fittiche und beeinflusste ihn nicht unwesentlich.
Lohnender Stilwechsel
Die stilistische Umorientierung lohnt sich jedenfalls: Was ein einmaliger Ausflug sein sollte, avanciert zum größten Erfolg in der Karriere von Gary Moore und verkauft in den USA mehr als alle anderen seiner Werke. 1995 erhält er dafür eine Gold-Auszeichnung, ebenso erreicht die Single Still Got The Blues (For You) erreicht hohe Positionen und zum ersten Mal die Top 100 in den USA. Hierzulande geht die Scheibe fast eine halbe Million mal über die Tresen.
Geschmack, Stil und feurige Gitarre: Gary Moore 1990. Foto: George Bodnar
Man könnte sogar argumentieren, dass Gary Moore sich mit diesem stilistischen Wandel dem Untergang entzogen hat, dem viele Hard-Rocker und Sportgitarristen der Achtziger angesichts der Grunge-Welle entgegen sahen. Moore bleibt dem Blues fortan von wenigen Ausnahmen abgesehen treu und spielt weitere Platten in diesem Stil ein. Denn alte Liebe rostet nun mal nicht: „Durch dieses Album und den Song habe ich viele neue Fans gewonnen“, gibt er später zu Protokoll. „Aber deswegen habe ich sie nicht aufgenommen, es war die Musik selbst, die mich dorthin geleitet hat. Da fühle ich mich zu Hause.“
Zeitsprung: Am 30.9.1978 veröffentlicht Gary Moore „Back On The Streets“.
Popkultur
Zeitsprung: Am 25.3.2015 fährt James Corden Mariah Carey zur Arbeit
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 25.03.2015
von Victoria Schaffrath und Christof Leim
„Danke dir, dass du mir mit dem Weg zur Arbeit hilfst. Der Verkehr ist echt übel“, murmelt James Corden da beiläufig Richtung Beifahrersitz. „Ich weiß, es ist unerträglich“, erwidert keine Geringere als Mariah Carey. Am 25. März 2015 startet mit diesem Dialog Carpool Karaoke, die Kultsequenz aus Cordens Late Late Show. Sehen wir uns die Höhepunkte des Formats an.
Schaut euch hier alle Folgen von Carpool Karaoke an
Als James Corden am 23. März 2015 die Late Late Show von Brit-Kollege Craig Ferguson übernimmt, kennt ihn in Amerika kaum jemand. Der Schauspieler und Komödiant hatte sich zwar in Großbritannien einen Namen machen können, doch das Scheinwerferlicht in Kalifornien wirft größere Schatten. Corden weiß, dass er sich beweisen muss. So zieht er zwei Tage nach Amtsantritt ein Ass aus dem Ärmel.
Fahrgemeinschaft 2.0
Der junge Brite importiert ein Format, dass er erstmals für die britische Wohltätigkeitsveranstaltung Red Nose Day 2011 umgesetzt hatte: Da beorderte er George Michael in ein Auto, kurvte mit ihm durch London und trällerte gemeinsam mit dem Sänger dessen Hits. Michael entpuppte sich dabei als charmanter Partner, Corden als kompetenter Gastgeber. Zum Auftakt der US-Show muss also ein ähnlich hochkarätiger Gast her.
So kommt es, dass zwei Tage nach der „British Invasion“ des Abendprogramms Weltstar Mariah Carey in einen LA-typischen SUV steigt. Zunächst kokettiert sie noch, sie könne nach einer durchzechten Nacht nicht mitsingen, aber dann sprengt plötzlich ihr Schmettergesang die Autoscheiben. Dass Corden eine absolut passable zweite Stimme hinbekommt, sorgt bei Stücken wie Always Be My Baby, Fantasy, Thirsty und Vision Of Love mitunter für Ansätze von Gänsehaut.
Erfolgsformel Menschlichkeit
Der Sympath erklärt den durchschlagenden Erfolg des Segments (und demzufolge auch der gesamten Show) recht einleuchtend: „Da schwingt eine Einfachheit und Intimität mit. Einen Star solchen Kalibers in der gleichen Umgebung zu sehen, in der du und ich sonst auf dem Weg zur Arbeit singen, macht ihn menschlich.“
Logisch, dass danach nicht nur Musiktreibende auf Promotour, sondern ganze Musical-Besetzungen mit Corden „zur Arbeit fahren“ möchten. Die Videos, die im Netz häufig viral gehen, bringen so ungewöhnliche Partnerschaften wie Rod Stewart und Rapper ASAP Rocky oder Michelle Obama und Missy Elliott hervor. Ob oberkörperfreie Red Hot Chili Peppers, die Foo Fighters, Paul McCartney oder den gefiederten Elton John: Auch die großen Namen des Rock holt sich Corden gern dazu.
Bei so viel Prominenz lassen die Starallüren nicht zu wünschen übrig: Berufsprovokateur Kanye West sagt gleich mehrfach hintereinander kurzfristig ab und macht aus dem SUV mal eben eine Boeing; zwischen Corden und Dave Grohl gibt es nach der Ausstrahlung ein kleines Missverständnis. Immerhin rettet Anthony Kiedis laut eigenen Angaben während der Dreharbeiten einem Säugling das Leben. Das ist dann doch etwas mehr Aufruhr, als wir morgens auf dem Weg zur Arbeit ertragen könnten.
Zeitsprung: Am 2.3.2014 knipst eine YouTuberin David Gilmour – ohne es zu wissen.
Popkultur
Review: „Das ist los“ von Herbert Grönemeyer ist genau das Album, das wir jetzt brauchen
Herbert Grönemeyer schenkt uns auf Das ist los sinnstiftende Lieder über die Liebe und den Zusammenhalt. Ob er die Gesellschaft damit kitten kann, ist fraglich. Doch alleine der Versuch verdient Hochachtung.
von Björn Springorum
Hier könnt ihr Das ist los hören:
Herbert Grönemeyer veröffentlicht keine Alben. Herbert Grönemeyer veröffentlicht Bestandsaufnahmen. Seines Lebens, aber auch von unser aller Leben. Immer wenn eine neue Platte von Deutschlands größtem und erfolgreichsten Künstler erscheint, so wirkt es, kommt sie genau zur rechten Zeit. Seine Lieder sind Salben für die Wunden, die wir uns seit seinem letzten Album zugezogen haben, zumeist stille und zurückhaltende Gebäude, in denen wir Schutz suchen können.
„Hoffnung ist gerade so schwer zu finden“ lautet dann auch der erste Satz des Albums. Er stammt natürlich aus der Lead-Single Deine Hand, mit der Grönemeyer schon vor einigen Monaten begeistern konnte. Eine einfühlsame Ode an Liebe, Freundschaft und Zusammenhalt – wie viele seiner Songs sowohl im Mikrokosmos als auch im Makrokosmos zu sehen. Es geht um tatsächliche Partnerschaft, aber auch um den universellen Zusammenhalt. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass wir das als Gesellschaft dringend nötig haben.
Nur ein Gutmensch?
Fünf Jahre nach Tumult ist die Welt noch viel tumultartiger geworden. Da braucht es große Künstler, die mit Ruhe, Reflexion und Besonnenheit aufarbeiten, was da eigentlich mit uns und der Welt passiert ist in diesen irren letzten Jahren. Sicher kann man das abtun, verunglimpfen als onkelnde Ratschläge vom alten weißen Mann, als Motivationscoach mit nasaler Stimme. Damit macht man es sich aber zu einfach. Grönemeyer polarisiert, und das schon sehr lange. Die einen echauffieren sich darüber, dass er ja gar nicht singen (geschweige denn tanzen) kann, die anderen halten ihn für einen aufdringlichen Gutmenschen mit Moralkomplex und biederen Thesen. Gutmensch – wie so ein Wort überhaupt zu einer Beleidigung werden konnte, sagt ja auch sehr viel.
Manchmal spielt er seinen Kritiker*innen in die Karten auf diesem Album. Der Titelsong zum Beispiel erinnert eher an Bierzelt oder Schlagerfestival – trotz seines cleveren, defragmentierten Textes, der den Informations-Overkill der heutigen Zeit versinnbildlichen soll. Doch die großen Momente gehören eh den Balladen, das ist bei Grönemeyer schon lange so. Tau zum Beispiel, ein Lied, umrankt von Trauerflor. Der Rest ist mal flott und tanzbar, mal umgarnt von Vintage-Elekronik, mal elegisch mit Streichern.
Songs, die Mut zuflüstern
Um Tod, Verlust und Trauer geht es auch auf Das ist los. Aber nicht als Fixpunkt, sondern als Unausweichlichkeiten des Lebens. Überwiegend möchte Grönemeyer uns stärken, uns Mut zuflüstern, uns als Ganzes wieder zusammenbringen. Man darf sich fragen, wieso ihm das so wichtig ist, warum er denkt, dass ausgerechnet er als Messias zu uns singt. Man darf sich aber auch fragen, warum es sonst niemand tut. Das ist los zeigt uns, dass wir nicht aufgeben sollten, nicht verzagen sollten, nicht den Ist-Zustand beibehalten sollten. Stattdessen sollen wir „Raus in den Sturm“, wie es im dringlichen Genie heißt, rein ins Leben, in die Verantwortung.
Diejenigen, die ihn bisher schon als Gutmenschen abkanzelten, werden sich darauf stürzen und ihn in der Luft zerreißen. Dabei sind es gerade diejenigen, die hier mal genau hinhören sollten. Das ist los ist nicht das beste Grönemeyer-Album, wahrscheinlich nicht mal Top fünf. Es ist aber mal wieder mal genau das Album, was wir jetzt brauchen. Und allein dafür gebührt im Hochachtung.
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