Popkultur
„Klub 27“: Warum wir so fasziniert sind von Musiker*innen, die zu früh gehen
Das Jahr 1969 bezeichnen wir häufig als das Jahr, das die Musikwelt veränderte: Woodstock, die Hochzeit von John & Yoko sowie bedeutendes Material von The Band, Creedence Clearwater Revival und vielen mehr. Doch mit dem „Klub 27“ beginnt auch ein Phänomen der düsteren Sorte. Blicken wir einmal hinter die Faszination mit den Musiker*innen, die zu früh gehen.
von Victoria Schaffrath
1969: Geburtsstunde des Mythos
Das erste Mitglied des Klubs setzt gleich einen ordentlichen Maßstab, was mysteriöse Umstände angeht. Als man gerade-so-Ex-Rolling Stone Brian Jones am 03.07.1969 tot in seinem Pool findet, erschüttert das die Rockwelt so sehr, dass bis heute das Gerücht existiert, ein Bauarbeiter habe nachgeholfen. Die Gerichtsmediziner hingegen machen den körperlichen Schaden durch Jones’ Alkohol- und Drogenkonsum verantwortlich für dessen Unfähigkeit, sich selbst zu helfen. Er zählt zum Zeitpunkt des Todes 27 Jahre.
Traurig, aber vor dem Hintergrund von Jones’ Eskapaden nicht verwunderlich. Dann folgen ihm binnen 24 Monaten Jimi Hendrix, Janis Joplin und Jim Morrison in die Nachwelt, und die Presse stellt erstmals einen Zusammenhang zwischen den tragischen Zufällen her. Auch Morrisons Lebensgefährtin Pam Courson stirbt wenige Jahre später im gleichen Alter; angefeuert vom Totenkult um den Doors-Sänger nährt sich das Gerücht vom „Klub 27“.
Öffentliche Wahrnehmung
Makabere Prominenz erlangt das Phänomen schließlich nach dem 05. April 1994, denn da wählt Grunge-Messias Kurt Cobain den Freitod – ebenfalls mit 27. Einerseits wird neben Zeitungen, Radio und Fernsehen auch das Internet zum immer wichtigeren Medium, das Forum für Spekulationen wächst somit ins Unendliche. Andererseits gibt Cobains Mutter Wendy folgende Worte zu Protokoll: „Ich habe ihm gesagt, er solle nicht in diesen blöden Klub eintreten.“
In den Zweitausendern gehört der „Klub 27“ dann bereits so sehr zur Popkultur, dass Amy Winehouse schon Jahre vor ihrem Tod die Angst äußert, ihm beizutreten. Freilich kann auch sie ihren Alkohol- und Drogenkonsum nicht genug zügeln. Die Aussage enttarnt sich am 23. Juli 2011 als traurige Prophezeiung.
Die genannten Musiker*innen bilden den Kern des Mythos. Mittlerweile zählen jedoch auch bildende Künstler wie Jean-Michel Basquiat oder der verschwundene Richey James Edwards, Gitarrist der Manic Street Preachers, zu der Gruppe.
Tod durch Rockstarleben: Stimmt das überhaupt?
Das Bild des Rockstarlebens steht im krassen Gegensatz zu einer regulären Lebenserwartung. Partys, Drogen, ständig auf Tour und dazwischen noch eben ein paar legendäre Songs produzieren. Wer soll da noch mithalten? Das tragische und viel zu frühe Ende dieser Musiker*innen scheint vorprogrammiert, doch häuft sich dieses wirklich im Alter von 27? Die Wissenschaft spricht da eine andere Sprache.
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Das British Medical Journal veröffentlicht 2011 eine Studie, der zufolge es kein erhöhtes Risiko für Rockstars gebe, im Alter von 27 zu sterben. In einem Vergleich mit der britischen Öffentlichkeit falle die Todesrate unter bekannten Musiker*innen speziell im Alter von 27 nicht höher aus. Schaut man jedoch auf den Lebensabschnitt zwischen 20 und 40 Jahren, zeige sich ein zwei- bis dreimal so hohes Risiko für einen verfrühten Tod. Auch zum Thema Depressionen und mentalen Problemen bei Musiker*innen gibt es etliche Studien; hier stellt sich lediglich die Frage, ob die Karriere die Probleme verursacht oder ob an der Idee des „leidenden Künstlers“ eben doch etwas dran ist.
Totenkult im Musikgeschäft
Fakt ist: Im Tod sind wir alle gleich. So sehr uns das Ableben unserer Lieblingskünstler*innen trifft, es erinnert auch daran, dass sie eben keine Götter, sondern ganz normale Menschen sind. Für manch einen scheint dieser Gedanke, unabhängig vom Alter des Verstorbenen, so unerträglich, dass sich über die Jahre ein rechter Totenkult um einzelne Geschichten entwickelt hat.
Nehmen wir den Flugzeugabsturz von Buddy Holly, The Big Bopper und Ritchie Valens. Klar, dass gleich drei junge Menschen in einem Unwetter ihr unschönes Ende finden, schockiert die Öffentlichkeit. Dass da aber die Pioniere des Rock ’n’ Roll samt nicht ausgeschöpftem Talent das Zeitliche segnen, bildet die Grundlage für eine sich wiederholende Verehrung zu jung verstorbener Musiker*innen. Don McLean bringt es in American Pie auf den Punkt: „The day the music died“ – der Tag, an dem die Musik starb.
Ortsangaben zu Jim Morrisons Grab auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise findet man mittlerweile auf Sightseeing-Listen, verstorbenen Weggefährten der Beatles wird ein Fluch attestiert. Die so menschliche Faszination mit dem Morbiden bahnt sich im Bezug auf die Künstler*innen, die das ausdrücken, was wir fühlen, immer wieder ihren Weg.
In Memoriam
Vielleicht rührt daher unser Bedürfnis, ihnen ein Denkmal zu setzen. So geht es übrigens auch Musikerkolleg*innen, wie etwa bei Paul McCartneys Lennon-Tribut Here Today, Back In Black von AC/DC oder eben American Pie. In den letzten Jahren erfreut sich außerdem das Biopic großer Beliebtheit: Filme wie Bohemian Rhapsody über Freddie Mercury, Walk The Line über Johnny Cash((LINK)) oder der wunderschöne Control über Joy Division-Fronter Ian Curtis sind gleichermaßen Publikumsmagnet und Award-Garant. Als Medium für den „Klub 27“ bietet sich nach wie vor auch die Dokumentation an, erhält die Geschichte doch durch jedes neue „Mitglied“ ein weiteres, trauriges Kapitel.
Zu jung für den „Klub“: Ian Curtis starb bereits mit 23 Jahren. Der Film „Control“ erinnert an den Sänger.
Depressionen, Drogen- und Alkoholsucht: Nirgends sonst scheint das Leid so klar ersichtlich wie in der Musik der „Klubmitglieder*innen“. Zum einen fühlen wir uns wohl des Talents beraubt, das da viel zu früh diese Erde verlässt. Welch erfrischenden Texte hätte wohl Amy über die „Midlife-Crisis“ geschrieben, und mit welcher Leidenschaft hätte Jimi das Älterwerden vertont? Zum anderen gemahnt uns die Art und Weise des Ablebens daran, dass unser „normales“ Leben bei all der Bewunderung für den Lebensstil eines Rockstars eben doch die nachhaltigere Wahl darstellt.

Popkultur
Zeitsprung: Am 25.3.2015 fährt James Corden Mariah Carey zur Arbeit
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 25.03.2015
von Victoria Schaffrath und Christof Leim
„Danke dir, dass du mir mit dem Weg zur Arbeit hilfst. Der Verkehr ist echt übel“, murmelt James Corden da beiläufig Richtung Beifahrersitz. „Ich weiß, es ist unerträglich“, erwidert keine Geringere als Mariah Carey. Am 25. März 2015 startet mit diesem Dialog Carpool Karaoke, die Kultsequenz aus Cordens Late Late Show. Sehen wir uns die Höhepunkte des Formats an.
Schaut euch hier alle Folgen von Carpool Karaoke an
Als James Corden am 23. März 2015 die Late Late Show von Brit-Kollege Craig Ferguson übernimmt, kennt ihn in Amerika kaum jemand. Der Schauspieler und Komödiant hatte sich zwar in Großbritannien einen Namen machen können, doch das Scheinwerferlicht in Kalifornien wirft größere Schatten. Corden weiß, dass er sich beweisen muss. So zieht er zwei Tage nach Amtsantritt ein Ass aus dem Ärmel.
Fahrgemeinschaft 2.0
Der junge Brite importiert ein Format, dass er erstmals für die britische Wohltätigkeitsveranstaltung Red Nose Day 2011 umgesetzt hatte: Da beorderte er George Michael in ein Auto, kurvte mit ihm durch London und trällerte gemeinsam mit dem Sänger dessen Hits. Michael entpuppte sich dabei als charmanter Partner, Corden als kompetenter Gastgeber. Zum Auftakt der US-Show muss also ein ähnlich hochkarätiger Gast her.
So kommt es, dass zwei Tage nach der „British Invasion“ des Abendprogramms Weltstar Mariah Carey in einen LA-typischen SUV steigt. Zunächst kokettiert sie noch, sie könne nach einer durchzechten Nacht nicht mitsingen, aber dann sprengt plötzlich ihr Schmettergesang die Autoscheiben. Dass Corden eine absolut passable zweite Stimme hinbekommt, sorgt bei Stücken wie Always Be My Baby, Fantasy, Thirsty und Vision Of Love mitunter für Ansätze von Gänsehaut.
Erfolgsformel Menschlichkeit
Der Sympath erklärt den durchschlagenden Erfolg des Segments (und demzufolge auch der gesamten Show) recht einleuchtend: „Da schwingt eine Einfachheit und Intimität mit. Einen Star solchen Kalibers in der gleichen Umgebung zu sehen, in der du und ich sonst auf dem Weg zur Arbeit singen, macht ihn menschlich.“
Logisch, dass danach nicht nur Musiktreibende auf Promotour, sondern ganze Musical-Besetzungen mit Corden „zur Arbeit fahren“ möchten. Die Videos, die im Netz häufig viral gehen, bringen so ungewöhnliche Partnerschaften wie Rod Stewart und Rapper ASAP Rocky oder Michelle Obama und Missy Elliott hervor. Ob oberkörperfreie Red Hot Chili Peppers, die Foo Fighters, Paul McCartney oder den gefiederten Elton John: Auch die großen Namen des Rock holt sich Corden gern dazu.
Bei so viel Prominenz lassen die Starallüren nicht zu wünschen übrig: Berufsprovokateur Kanye West sagt gleich mehrfach hintereinander kurzfristig ab und macht aus dem SUV mal eben eine Boeing; zwischen Corden und Dave Grohl gibt es nach der Ausstrahlung ein kleines Missverständnis. Immerhin rettet Anthony Kiedis laut eigenen Angaben während der Dreharbeiten einem Säugling das Leben. Das ist dann doch etwas mehr Aufruhr, als wir morgens auf dem Weg zur Arbeit ertragen könnten.
Zeitsprung: Am 2.3.2014 knipst eine YouTuberin David Gilmour – ohne es zu wissen.
Popkultur
Review: „Das ist los“ von Herbert Grönemeyer ist genau das Album, das wir jetzt brauchen
Herbert Grönemeyer schenkt uns auf Das ist los sinnstiftende Lieder über die Liebe und den Zusammenhalt. Ob er die Gesellschaft damit kitten kann, ist fraglich. Doch alleine der Versuch verdient Hochachtung.
von Björn Springorum
Hier könnt ihr Das ist los hören:
Herbert Grönemeyer veröffentlicht keine Alben. Herbert Grönemeyer veröffentlicht Bestandsaufnahmen. Seines Lebens, aber auch von unser aller Leben. Immer wenn eine neue Platte von Deutschlands größtem und erfolgreichsten Künstler erscheint, so wirkt es, kommt sie genau zur rechten Zeit. Seine Lieder sind Salben für die Wunden, die wir uns seit seinem letzten Album zugezogen haben, zumeist stille und zurückhaltende Gebäude, in denen wir Schutz suchen können.
„Hoffnung ist gerade so schwer zu finden“ lautet dann auch der erste Satz des Albums. Er stammt natürlich aus der Lead-Single Deine Hand, mit der Grönemeyer schon vor einigen Monaten begeistern konnte. Eine einfühlsame Ode an Liebe, Freundschaft und Zusammenhalt – wie viele seiner Songs sowohl im Mikrokosmos als auch im Makrokosmos zu sehen. Es geht um tatsächliche Partnerschaft, aber auch um den universellen Zusammenhalt. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass wir das als Gesellschaft dringend nötig haben.
Nur ein Gutmensch?
Fünf Jahre nach Tumult ist die Welt noch viel tumultartiger geworden. Da braucht es große Künstler, die mit Ruhe, Reflexion und Besonnenheit aufarbeiten, was da eigentlich mit uns und der Welt passiert ist in diesen irren letzten Jahren. Sicher kann man das abtun, verunglimpfen als onkelnde Ratschläge vom alten weißen Mann, als Motivationscoach mit nasaler Stimme. Damit macht man es sich aber zu einfach. Grönemeyer polarisiert, und das schon sehr lange. Die einen echauffieren sich darüber, dass er ja gar nicht singen (geschweige denn tanzen) kann, die anderen halten ihn für einen aufdringlichen Gutmenschen mit Moralkomplex und biederen Thesen. Gutmensch – wie so ein Wort überhaupt zu einer Beleidigung werden konnte, sagt ja auch sehr viel.
Manchmal spielt er seinen Kritiker*innen in die Karten auf diesem Album. Der Titelsong zum Beispiel erinnert eher an Bierzelt oder Schlagerfestival – trotz seines cleveren, defragmentierten Textes, der den Informations-Overkill der heutigen Zeit versinnbildlichen soll. Doch die großen Momente gehören eh den Balladen, das ist bei Grönemeyer schon lange so. Tau zum Beispiel, ein Lied, umrankt von Trauerflor. Der Rest ist mal flott und tanzbar, mal umgarnt von Vintage-Elekronik, mal elegisch mit Streichern.
Songs, die Mut zuflüstern
Um Tod, Verlust und Trauer geht es auch auf Das ist los. Aber nicht als Fixpunkt, sondern als Unausweichlichkeiten des Lebens. Überwiegend möchte Grönemeyer uns stärken, uns Mut zuflüstern, uns als Ganzes wieder zusammenbringen. Man darf sich fragen, wieso ihm das so wichtig ist, warum er denkt, dass ausgerechnet er als Messias zu uns singt. Man darf sich aber auch fragen, warum es sonst niemand tut. Das ist los zeigt uns, dass wir nicht aufgeben sollten, nicht verzagen sollten, nicht den Ist-Zustand beibehalten sollten. Stattdessen sollen wir „Raus in den Sturm“, wie es im dringlichen Genie heißt, rein ins Leben, in die Verantwortung.
Diejenigen, die ihn bisher schon als Gutmenschen abkanzelten, werden sich darauf stürzen und ihn in der Luft zerreißen. Dabei sind es gerade diejenigen, die hier mal genau hinhören sollten. Das ist los ist nicht das beste Grönemeyer-Album, wahrscheinlich nicht mal Top fünf. Es ist aber mal wieder mal genau das Album, was wir jetzt brauchen. Und allein dafür gebührt im Hochachtung.
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Popkultur
Zeitsprung: Am 24.3.1986 triumphieren Van Halen mit neuem Sänger und „5150“.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 24.3.1986.
von Christof Leim
Einen geborenen Frontmann wie David Lee Roth zu ersetzen, ist nicht einfach. Doch Van Halen machen aus der misslichen Lage Gold und Platin: Gleich das erste Album mit Sammy Hagar wird zum Nummer-Eins-Erfolg. Dabei eskalierte ein Streit im Studio so sehr, dass ein alter Kollege sogar die Bänder zerstören wollte. Dies ist die Geschichte von 5150. Und wir haben sogar einen unveröffentlichten Song ausgegraben.
Hier könnt ihr 5150 hören:
Nach dem sechsten Album 1984 geht es nicht mehr weiter: Van Halen haben sich mit David Lee Roth so zerstritten, dass sich der Sänger und überlebensgroße „Showman“ in Richtung Solokarriere verabschiedet. Einen Ersatz allerdings können Eddie Van Halen, sein Bruder Alex und Michael Anthony partout nicht finden. Die Sängerin Patty Smyth von der Band Scandal (nicht zu verwechseln mit der Punkikone Patti Smith) lehnt ab, mit der späteren Mr. Big-Stimme Eric Martin und dem australischen Musiker Jimmy Barnes kommen die Kalifornier ebensowenig zusammen. Irgendwann beginnt das Label, Druck zu machen, und fordert sogar eine Namensänderung, was Alex und Eddie Anfang 1986 in aller Form ablehnen. David Lee Roth feiert währenddessen Erfolge mit seiner Cover-EP Crazy From The Heat (1985). Keine schönen Zeiten im Van Halen-Lager also.
Tipp aus der Werkstatt
Doch dann hilft der Zufall: Als Eddie seinen Luxusschlitten – je nach Quelle ein Ferrari oder ein Lamborghini, aber wir wollen da nicht kleinlich sein – reparieren lässt, empfiehlt ihm der Automechaniker den ehemaligen Montrose-Sänger Sammy Hager, der sich mittlerweile mit Hits wie I Can’t Drive 55 und One Way To Rock als Solokünstler etabliert hat. Die Idee ist gut: Als Eddie und Sammy sich treffen, stimmt die Chemie sofort. Hagar verfügt klar über die bessere, vielseitigere Stimme im Vergleich zu „Diamond Dave“ und spielt hervorragend Gitarre, was neue Möglichkeiten für die Liveshow eröffnet. Schlagzeuger Alex Van Halen vergleicht das allgemeine Bandgefühl nach Hagars Eintritt damit, einen Porsche zu fahren nach jahrelanger Schleicherei in einem Volkswagen. Gitarrengott Eddie schlägt in die gleiche Kerbe: „Ich habe noch nie so eine Inspiration erlebt wie an diesem ersten Tag. Wir haben losgespielt, Sammy hat gesungen – und es hat einfach geklickt. Magisch.“
Im November 1985 startet das Quartett die Arbeit an einem neuen Album, im Februar 1986 ist das Ding im Kasten, nur einen Monat vor der Veröffentlichung. Weil Roth den Van-Halen-Stammproduzenten Ted Templeman bei seinem Abgang mitgenommen hatte, übernimmt der langjährige Toningenieur Donn Landee den Job. Doch Sammy fühlt sich damit unwohl: Er wünscht sich eine „richtige“ Besetzung für den Produktionsjob und vor allem eine neutrale Stimme, kein angestammtes Mitglied des inneren Zirkels. Also wird der platindekorierte Foreigner-Gitarrist Mick Jones angeheuert, um das Steuer zu übernehmen.
Eine harte Drohung
Das geht Landee so dermaßen gegen den Strich, dass er sich – kein Witz – im Studio einschließt und damit droht, die bereits gemachten Aufnahmen zu zerstören. Plötzlich fühlt sich die Atmosphäre sehr, sehr angespannt an, doch kurz vor der Explosion kann die Zündschnur gekappt werden. Landee rückt die Bänder raus, alle Unklarheiten werden beseitigt, und tatsächlich verläuft der Rest der Aufnahmen zur Zufriedenheit aller. Das fertige Album mit neun Songs (ja, damals brauchte man nicht 15 Nummern und ein halbes Dutzend Bonustracks) taufen Van Halen auf den Namen 5150, ausgesprochen „fifty one fifty“. So heißt auch Eddies Studio, benannt nachdem dem kalifornischen Polizeicode für eine geistig gestörte Person.
Das Material klingt runder und musikalischer als die Songs mit „Diamond Dave“, auch mehr nach Mainstream und weniger gewagt, aber – und hier liegt der springende Punkt – ohne jeden Zweifel zu 100 Prozent nach Van Halen. Es finden sich ein paar mehr Love-Songs und Balladen als früher, dazu ein paar ganz dicke Ohrwürmer, allen voran natürlich Why Can’t This Be Love.
Ohrwurm und erste Single von 5150: Why Can’t This Be Love
Start-Ziel-Sieg
5150 marschiert nach der Veröffentlichung am 24. März 1986 ohne Umschweife auf Platz eins der US-Charts, was Van Halen bisher noch nie hinbekommen hatten. (1984 schaffte es bis auf Platz zwei.) Satte fünf Singles werden ausgekoppelt – von insgesamt neun Songs. Das ist schon nicht so richtig schlecht. Die Tracks kennen wir alle: Why Can’t This Be Love, Dreams, Love Walks In, Best Of Both Worlds und Summer Nights . Der Rolling Stone kommentiert damals: „Die Welt gehört Van Halen, ob mit oder ohne David Lee Roth. 5150 gleicht einem bombastischen Feuerwerk einer Band auf dem Höhepunkt ihrer Fähigkeiten.“
Vier der fünf (!) Singleauskopplungen von 5150
Die nächsten zehn Jahre laufen bestens für Van Halen: Jedes (!) der folgenden Alben wird ebenfalls eine Nummer eins in den USA: OU812 (1988), For Unlawful Carnal Knowledge (1991) und Balance (1995). (Die ausführliche Geschichte der letzten Van Halen-Platte mit Sammy, findet ihr hier.)
Bonustrack!
Für die Van Halen-Freaks und Komplettisten haben wir noch ein Schätzchen: Ursprünglich sollte als fünfter Titel auf der zweiten Seite noch der Song I Want Some Action erscheinen, doch der wird nicht veröffentlicht, zumindest nicht offiziell. Zum 30. Geburtstag der Platte stellen Van Halen den Track dann ins Netz. Und hier ist er:
Vorher führte I Want Some Action ein lustiges Schattendasein: Eddie benutzt Teile der Komposition für das bluesige Instrumental Stompin’ 8H, das er 1987 bei Saturday Night Live spielt. Außerdem überlässt er die Nummer seinem Kumpel Steve Lukather, der sie 1989 auf seinem ersten Soloalbum Lukather unter dem Titel Twist The Knife verbrät, nachzuhören hier. Doch das Hauptriff gefällt Eddie so gut, dass er es selbst 1998 nochmal für den Song Dirty Water Dog auf dem Rohrkrepierer-Album Van Halen III (mit Extreme-Sänger Gary Cherone) wiederbelebt.
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Zeitsprung: Am 14.7.1984 steht Eddie Van Halen mit Michael Jackson auf der Bühne.
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